22.
Oktober

Die Empfehlung des Wissenschaftlichen Beirates beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), die Mietpreisbremse abzuschaffen, hat eine rege Diskussion zwischen Vertretern der politischen Parteien ausgelöst. Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) bezeichnete diesen Vorschlag als „unverantwortlich“. Chris Kühn, wohnungspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Grüne, sprach von einem „Frontalangriff auf die soziale Wohnungspolitik“. Die CDU-Bundestagsabgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker hingegen forderte eine kritische Auseinandersetzung mit den Empfehlungen der Gutachter. „Es hilft nichts, unliebsame wissenschaftliche Ergebnisse einfach auszublenden. Eine verantwortungsvolle Mietrechtspolitik muss ökonomische Zusammenhänge zur Kenntnis nehmen; sie darf dabei allein aber nicht stehen bleiben.“

Das Mitte August veröffentlichte Gutachten „Soziale Wohnungspolitik“ hinterfragt, wie eine effiziente Versorgung mit angemessenem Wohnraum erreicht und soziale Härten am Wohnungsmarkt abgefedert werden können. Die Wissenschaftler verweisen darauf, dass eine Begrenzung der Mietpreise oder des Mietanstiegs bei Neu- oder Wiedervermietung typischerweise zu einer Verschärfung der Knappheit an Wohnraum in Ballungsgebieten führe. Zum regulierten Mietpreis seien weniger Eigentümer bereit, ihre Immobilie zu vermieten. Das führe zu Leerstand, kurzfristiger Vermietung mithilfe von Airbnb oder Verkauf an Selbstnutzer. Eine Begrenzung des Mietanstiegs bei Wiedervermietungen reduziere den Anreiz zur Modernisierung. Das führe mittel- und langfristig zu einer weiteren Verknappung des Immobilienangebots und zu einem Qualitätsverlust von Altbauquartieren. Andererseits steige bei einem unter dem Marktpreis festgesetzten Mietpreis die Nachfrage nach Wohnraum in den begehrten Gebieten, da etwa Mieter mehr und größere Wohnungen nachfragen als in einem Markt ohne Preisregulierung. Aus Sicht der Wissenschaftler führen beide Entwicklungen tendenziell zu einer Verschärfung der in den jeweiligen Städten herrschenden Wohnungsknappheit.

Dem 1948 gegründeten unabhängigen Beirat gehören momentan 38 Wissenschaftler an, die auf dem Gebiet der Wirtschafts- oder Rechtswissenschaften als Hochschullehrende tätig sind. Sie werden auf Vorschlag des Beirats von der Bundesministerin oder dem Bundesminister für Wirtschaft und Energie berufen und abberufen.

Empfehlungen des Wissenschaftlichen Beirates im Überblick

1.    Das Angebot von Wohnraum sollte durch größere Anreize zur Schließung von Baulücken und durch Lockerung unzureichend begründeter Bauvorschriften erhöht werden. […]

2.    Im Zuge der anstehenden Reform der Grundsteuer sollte die Umgestaltung zu einer reinen Bodensteuer erwogen werden, weil damit der Anreiz zur Bebauung steigt. Hingegen ist eine Sondersteuer für unbebautes Bauland aus den genannten Gründen abzulehnen.

3.    Den Kommunen sollten mehr Anreize gegeben werden, neues Bauland auszuweisen, indem sie an den planungsbedingten Wertsteigerungen stärker partizipieren können. […]

4.    Die Mietpreisbremse sollte ersatzlos gestrichen werden, da sie weitgehend wirkungslos ist und dort, wo sie wirkt, den Abbau von Wohnungsknappheit behindert. […]

5.    Der soziale Wohnungsbau sollte nicht wiederbelebt, sondern im Gegenteil zurückgefahren werden, weil hierbei eine Fehlleitung von Subventionen droht. […]

6.    Das adäquate Mittel für die Versorgung von Angehörigen der unteren Einkommensgruppen und großer Familien mit angemessenem Wohnraum zu tragbaren Kosten ist das Wohngeld. […]

7.    Schließlich sollte die Datenlage zu lokalen Mietpreisen, Grundstückspreisen und zur Flächennutzung, aber auch zu Vermögen und Verschuldungssituation privater Haushalte verbessert werden. […]

 

Eva Neumann

Referentin Presse und Kommunikation

Haus & Grund Deutschland

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